Das Volk fordert Machtbegrenzung der Konzerne - will das auch die SPD?

Das Volk fordert Machtbegrenzung der Konzerne - will das auch die SPD?

18. September 2016

"Zugleich aber prägt den globalen Kapitalismus ein Mangel an Demokratie und Gerechtigkeit. So steht er dem Ziel einer freien und solidarischen Welt entgegen. Er verschärft alte Ungerechtigkeiten und schafft neue." So steht es im Grundsatzprogramm der SPD. (S. 7)

Mindestens 320.000 Menschen in Deutschland, wahrscheinlich noch mehr, demonstrierten 2 Tage vor dem SPD-Konvent gegen CETA, TTIP und TiSA. Sie traten vor allem GEGEN die Macht der Konzerne, FÜR Demokratie, Sozialstaat und Rechtsstaat ein. In München war dies auf zahlreichen professionellen und handgemalten Plakaten zu lesen und in vielen Reden zu hören. Siehe auch dazu die angehängten Bilder von der Demonstration in München!

Das Volk fordert die Machtbegrenzung der Konzerne - will das auch die SPD?

Wesentlichstes Element von CETA ist der Investitionsschutz. Geschützt werden sollen aber nicht die Bevölkerung, die Arbeitnehmer, die Verbraucher, die Landwirte, sondern die Konzerne auch in diesem Freihandelsabkommen.

Nicht freie Entfaltung für die Bürger, sondern freie Entfaltung für die ausländischen Investoren, also das internationale Kapital, ist das Ziel auch von CETA.

Mit CETA würden wir dem internationalen Kapital, das ohnehin riesige wirtschaftliche Macht hat, seine Macht mit neuen Gesetzen legitimieren.

Wenn dann im Vorstandsantrag drin steht, mit ein paar Erklärungen und Klarstellungen soll das Allerschlimmste verhindert werden, dann verpassen wir der Kralle des internationalen Kapitals nur Samthandschuhe, die Kralle bleibt.

Mitglieder des Konvents sagt NEIN zu CETA und NEIN zum Vorstandsantrag! Und JA zu einem der vielen Basisanträge, die alle CETA ablehnten!

Demokratie im Konvent, damit auch wieder mehr Demokratie in Europa und Kanada herrschen möge!

SPD-GRUNDSATZPROGRAMM VON 2007

Zur Erinnerung an die Delelgierten und die Bundespräsidiums- und Bundesvorstandsmitglieder Auszüge aus dem SPD-Grundsatzprogramm von 2007:

"Das soziale Europa muss unsere Antwort auf die Globalisierung werden." (S. 5)

"Wir entwickeln den vorsorgenden Sozialstaat ..." (S. 5) (Das Gegenteil davon steht in CETA!)

"Wir arbeiten für unseren sozialen und demokratischen Rechtsstaat ..." (S. 6) (Der wird auch mit den CETA-Schiedsgerichten ausgehöhlt werden)

"Den Klimawandel zu begrenzen und aufzuhalten, ist daher eine der zentralen Herausforderungen im 21. Jahrhundert." (S. 7) (Nicht der Freihandel, der wird durch den globalen Warenverkehr über den Atlantik das Gegenteil bewirken.*)

"Ein soziales Europa kann Vorbild auch für andere Teile der Welt werden." (S. 8) (Ein soziales Europa, nicht ein von Konzernen beherrschtes Europa soll das Vorbild werden.)

"Die Menschen in den europäischen Staaten, auch in Deutschland, verlangen mehr Demokratie, mehr Rücksichtnahme auf soziale Belange, ... Deshalb muss Europa ... ein soziales und demokratisches Bündnis seiner Bürgerinnen und Bürger werden. (S. 8) (Steht das in CETA drin, "mehr Demokratie", "mehr Rücksichtnahme auf soziale Belange"? Es steht auch nicht drin mit "Klarstellungen"!)

"Die soziale Absicherung hat ein hohes Niveau erreicht. Der ungezügelte globale Kapitalismus gefährdet diese Erfolge. Armut nimmt wieder zu und die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft sich weiter, auch in Deutschland." (S. 10) (Die in CETA vorgesehene Liberalisierung für die freie Kapitalentfaltung und die Investitionsgerichtshöfe, die diese freie Entfaltung absichern sollen, gefährden die soziale Absicherung, denn sie sind Handelshemmnisse, und nach der Rechtssprechung der Schiedsgerichte, nicht "billig und gerecht".

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird noch weiter wachsen. Die 62 Menschen, die die Hälfte des Weltvermögens besitzen, werden noch mehr raffen können, und uns einen noch geringeren Teil des Weltvermögens zugestehen. Und dadurch noch mehr wirtschaftliche, soziale und kriegerische Krisen hervorrufen!

"Und was uns eint, ist die historische Erfahrung, dass sozialdemokratische Politik nur erfolgreich sein kann, wenn sie verbunden ist mit dem demokratischen Engagement der Menschen in den Gewerkschaften, den Friedens-, Frauen-, Umwelt-, Bürgerrechts-, Eine-Welt- und globalisierungskritischen Bewegungen und Netzwerken. Die SPD fühlt sich diesen Bewegungen auch in Zukunft verbunden." (S. 13)

Lasst uns daher sozialdemokratische Politik zum Schutz der Bevölkerung machen, nicht zum Schutz der Konzerne! Dann verlieren wir auch nicht wie bei der Berliner Wahl 6,7 % der Wähler. Das ist der prozentual stärkste Verlust aller Parteien. Ein Tag nach den Anti-CETA-Demonstrationen in Berlin!

Offenbar fühlt sich nur noch die Basis der SPD den globalisierungskritischen Bewegungen verbunden. Ist auch dem bayerischen SPD-Vorstand die historische Erfahrung verloren gegangen, als er sich nicht dem Bündnis gegen CETA und TTIP angeschlossen hat? Ist deshalb sozialdemokratische Politik nicht mehr erfolgreich?

"Die Demokratie wird sich in Zukunft darin bewähren müssen, dass sie den Zugang zu diesen öffentlichen Gütern gewährleistet, die politische Verantwortung für die Daseinsvorsorge behauptet, die eine gerechte Verteilung von Lebenschancen erst ermöglicht." (S. 17) (CETA liefert teilweise die Daseinsvorsorge den internationalen Konzernen aus.)

"Soziale Demokratie ... sichert ... den auf Bürgerrechte gestützten vorsorgenden Sozialstaat und durch eine koordinierte Marktwirtschaft, in der der Vorrang der Demokratie vor den Märkten gewährleistet ist." (S. 19) (CETA dreht diesen Anspruch um. Vorrang der Märkte vor der Demokratie ist das Ziel von CETA!)

"Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) wollen wir stärken." (S. 22) (Es ist in CETA kein MUSS vereinbart, dass die ILO-Normen eingehalten werden.)

"Träger der Zivilgesellschaft sind auch Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Religionsgemeinschaften, Sozial- und Umweltverbände. Sie sind unsere Partner auf dem Weg zu einer humanen, zukunftsfähigen Gesellschaft." (S. 31) (Hunderte von diesen Verbänden haben sich gegen CETA ausgesprochen. Sind sie nicht mehr unsere Partner?)

"Deregulierung als Prinzip allerdings widerspricht dem Zweck eines jeden Staates." (S. 32) (Aber "Deregulierung als Prinzip" ist das Ziel von CETA. CETA widerspricht also laut SPD-Grundsatzprogramm dem Zweck eines jeden Staates!)

"Die Sparkassen erfüllen zudem mit ihrer Orientierung am Gemeinwohl eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, deshalb müssen sie auch in Zukunft öffentlich-rechtlich bleiben." (S. 47) (Laut CETA und EU-Kommission sind die Bevorzugung der Sparkassen eine unzulässige Bevorzugung. Wenn wir CETA zustimmen, wird entgegen dem SPD-Grundsatzprogramm ein Zwang ausgehen, diese in Kapitalgesellschaften umzuwandeln.)

"Um dieses Versprechen von Sicherheit und Aufstieg in unserer Zeit zu erneuern, entwickeln wir den Sozialstaat weiter zum vorsorgenden Sozialstaat." (S. 56) (Das Vorsorgeprinzip soll laut CETA in das Nachsorgeprinzip umgewandelt werden, Gesetzesänderungen in Richtung mehr Sozialstaat drohen, auch von den neuen Schiedsgerichten einklagbare Handelshemmnisse zu werden. Mit CETA würde also das Gegenteil von dem erreicht, was wir im Grundsatzprogramm anstreben!

"Viele Menschen engagieren sich in Gewerkschaften, Vereinen, Verbänden, Kirchen, sozialen Bewegungen und Netzwerken. Viele Menschen wollen eine bessere und gerechtere Gesellschaft. Die Mehrheit will ein solidarisches Deutschland. Diese solidarische Mehrheit wollen wir für unsere Politik gewinnen. Wir werben um Unterstützung und ermutigen zur Mitarbeit." (S. 67 f.) (Wenn wir mit den 320.000 Menschen sind, die am 17.09.16 gegen CETA und für eine bessere und gerechtere Gesellschaft demonstrierten, müssen wir im Sinne unseres Grundsatzprogramms auch gegen CETA sein! Dies sagt nicht nur die DL21 Bayern, sondern auch die SPD-Grundwertekommission!

Grundsatzprogramm der SPD, Hamburger Programm von 2007 (PDF, 2,14 MB)

Die Grundwertekommission der SPD schreibt (Seite 10):

"Schon wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Abkommens und den weiter bestehenden Unklarheiten im Abkommen, die weiterer Prüfung bedürfen, wäre eine Aussetzung des vorläufigen Inkrafttretens sachlich betrachtet erforderlich und ein Akt politischer Klugheit. Es würde eine breite gesellschaftliche Debatte über die heutigen und künftigen Anforderungen an Handelsabkommen und einen politischen Konsens ermöglichen und ließe Raum, erforderliche Nachverhandlungen anzugehen, um so letztlich von der SPD und der europäischen Bevölkerung getragen werden zu können. Auf diese Weise lässt sich auch dem Einwand eines demokratischen Kontrollverlustes begegnen."

SPD-Grundwertekommission zu CETA (PDF, 300 kB)

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