Der Bundestagskandidat der SPD für den Wahlkreis Roth und Nürnberger Land aus dem Jahre 2012, Christian Nürnberger, der mit 46.200 Stimmen das fünftbeste Ergebnis unter Bayerns SPD-Kandidaten erzielte, fing an, an Trumps Wahlsieg Gefallen zu finden. Warum?
Laut dem milliardenschwerden US-Investor Warren Büffet ist es "die Klasse der Reichen, die Krieg führt", und diese Klasse sei am Gewinnen. Buffet wundert sich, dass die andere Klasse das hinnehmt und so ruhig bleibt.
Nürnberger schreibt auf seiner Facebook-Seite: "Und jetzt hat diese andere Klasse reagiert. Leider ganz anders als einer wie ich es erwartet oder sich gewünscht hat."
Nürnberger hätte sich erwartet, dass die Klasse mit organisiertem politischen Widerstand reagiert. "Damit so eine Gruppe sich dann politisch organisiert, braucht es etwas, was sie nicht oder nur in unzureichendem Maß hat: ein Mindestmaß an Bildung. Lektüre. Zeitungen. Bücher. Oder wenigstens ein Fernsehen, das aufklärt, statt verdummt. Fehlt alles in the U.S."
Wer von diesen Deklassierten drei Mac-Jobs machen müsse, um zu überleben, habe keine Zeit sich zu organisieren, könne nicht ihren Rassismus, Sexismus, Nationalismus, Homophobie und ihre Frauenfeindlichkeit hinterfragen. Die Arbeiter des 19. Jahrhunderts hätten gebildete Führer gehabt, die Marx und Engels gelesen hatten, und deren Gedanken so in Parteizeitungen übersetzten, dass die Arbeiter sie verstanden. In den Wohnwagensiedlungen und Armenvierteln der USA gebe es keine Bibliotheken, erst recht nicht mit Arbeiterliteratur, und diese würde auch nicht gelesen werden.
Nürnberger: "Deshalb war eine andere Reaktion der Deklassierten so gut wie unmöglich. Aber heute bin ich froh, dass überhaupt mal eine Reaktion gekommen ist."
Nürnberger beschreibt das Beispiel des Energiekonzerns Enron, bei dem nach einer Serie von kriminellen Bilanzfälschungen 22.000 Angestellte ihren Arbeitsplatz verloren, die Enron-Manager aber Millionen Dollar Bonuszahlungen erhielten, Bush zwei Enron-Berater zu US-Handelsbeuftragten ernannte.
Nürnberger: "Aber der große Big Bang der Finanzmärkte erfolgte unter dem linksliberalen Demokraten Bill Clinton und dem Labour-Chef Tony Blair, von diesem verkauft als „New Labour“, „moderne Sozialdemokratie“, „dritter Weg“. Und wiederum geschah: nichts.
Jetzt haben wir Trump. Er mag ein Idiot sein. Aber was sind die anderen?"
"... Besonders amerikanische Wähler durften durchaus den Eindruck haben, dass zuletzt und seit Jahrzehnten die soziale Ungleichheit wie die Plutokratie unter jeder „Administration“ wuchs, ganz gleich, welcher Partei sie zugehörte...
Wenn dieses Beben in den USA noch immer nicht dazu führt, dass die politischen Klassen beginnen, ihre Wähler endlich wirklich ernst zu nehmen und mit ernsthaften Konsequenzen zu antworten, dann werden bald auch hier die Trumps regieren.
"Wenn die Politiker - und übrigens auch die Medien ... jetzt in der richtigen Weise darauf reagieren, dann hätte Trumps Wahlsieg am Ende doch noch sein Gutes..."
Der gesamte Artikel von Christian Nürnberger ist hier zu lesen: Die Wahl Trumps: eine unerwartete, unerwünschte Reaktion, aber eine Reaktion (PDF, 38 kB)