Linke Sicherheitspolitik = Öffentliche Sicherheit

Linke Sicherheitspolitik

22. April 2017

Bei der DL21-Tagung in Berlin am 31. März 2017 diskutierten 50 TeilnehmerInnen mit Harald Baumann-Hasske (AsJ-Bundesvorsitzender), Prof. Dr. Rosemarie Will (Humanistische Union) und Dr. Jan Stöß (SPD-Bundesvorstandsmitglied) über das Thema Linke Sicherheitspolitik.

Harald Baumann-Hasske, AsJ-Bundesvorsitzender

Ausgangspunkt bildete der Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 in Berlin und die darauffolgenden Gesetzesverschärfungen. Diesen stand der Vorsitzende der AsJ, der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft der Juristen, Harald Baumann-Hasske kritisch gegenüber. Die Regelungen seien eigentlich schon ausreichend, es fehle aber der Vollzug. Die Polizei habe zu wenig Personal und die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden lasse ebenfalls zu wünschen übrig.

Zum Fall Anis Amri stellte Baumann-Hasske fest, dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in Abschiebehaft genommen hätte werden können, da er schon straffällig geworden sei. Sehr kritisch äußerte er sich über den Begriff des Gefährders. Denn die meisten Gefährder in Deutschland besäßen die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie könnten also gar nicht abgeschoben werden. Wir müssten uns daher fragen, warum sich deutsche Staatsbürger radikalisieren und überlegen, was wir präventiv tun könnten, wo soziale Brennpunkte seien und wieso wir über Sozialarbeit diese Entwicklung nicht erkennen und gegensteuern könnten.

Zudem ging Baumann-Hasske auf das Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ein. Obwohl die Kriminalität in den letzten Jahren abgenommen habe, sei das Unsicherheitsgefühl gestiegen. Das hänge auch mit der fehlenden sozialen Sicherheit zusammen. Wenn sie fehle, steige nämlich auch das Unsicherheitsgefühl.

Zum Thema Flüchtlinge erklärte er, das Problem sei nicht die Bewältigung der Unterbringung der Geflüchteten gewesen, sondern die Angst der Politiker, dass die Menschen die Schutzsuchenden nicht aufnehmen wollten.

Prof. Dr. Rosemarie Will, Humanistische Union,

sagte, es sei klar gewesen, dass die Sicherheitsgesetze verschärft werden würden, sobald ein Anschlag in Deutschland geschehe. Wie Baumann-Hasske konstatierte auch sie ein Vollzugsdefizit. Sie stellte fest, dass Deutschland sich nach und nach immer weiter in Richtung eines Überwachungsstaates entwickele. In diesem Zusammenhang kritisierte sie auch die Vorratsdatenspeicherung. Diese sei aus bürgerrechtlicher Perspektive höchst bedenklich. Hoffnung gebe allerdings das Urteil der EuGH, das die schwedische Vorratsdatenspeicherung gerade gekippt habe. Es sei möglich, dass auch die deutsche Version wieder revidiert werde.

Mit Blick auf die die Geheimdienste zeigte Will sich äußerst kritisch. Sie forderte, Kompetenzen von Geheimdiensten weg und hin zur Polizei zu verlagern. Sie kritisierte, dass so getan werde, als seien Grundrechte nichts wert und die Befugnisse des Staates immer mehr erweitert würden. Dadurch kämen wir als SPD permanent in die Defensive.

Jan Stöß, SPD-Bundesvorstandsmitglied,

kritisierte mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherung, die Rolle, die die SPD in diesem Zusammenhang gespielt hatte. Es sei nicht die Rolle der SozialdemokratInnen gewesen, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Der neuen Bedrohung durch den Terrorismus müsse man durch verstärkte Polizeipräsenz begegnen, nicht mit der Einschränkung von Bürgerrechten. Diesen Ansatz verfolge etwa die rot-rot-grüne Koalition in Berlin. Er plädierte außerdem dafür die Debatte nicht um innere, sondern um öffentliche Sicherheit zu führen. Denn auf öffentliche Sicherheit seien die Leute angewiesen, die sich Sicherheit nicht kaufen können.

Einig waren sich alle Teilnehmerinnen, dass weder Videoüberwachung noch Fußfesseln geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Anschlägen sind.

Sowohl die bundesweite DL 21 als auch die DL21 Bayern planen, im Sommer je eine Veranstaltung zum Themenbereich öffentliche Sicherheit anzubieten.

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