Skandal: Bundestag macht Computer und Handys zu staatl. Spionageanlagen

Skandal: Bundestag macht Computer und Handys zu staatl. Spionageanlagen

22. Juni 2017

Heute beschloss "der Bundestag ein Gesetz, das Computer und Handys zu staatlichen Spionageanlagen macht. Das ist ein Skandal." Das ist die Meinung des Chefredakteurs der Süddeutschen Zeitung und Exrichters Heribert Prantl.

SZ: "Ein Gesetz mit gewaltigen Konsequenzen, ein Gesetz, das den umfassenden staatlichen Zugriff auf private Computer und Handys erlaubt, wird auf fast betrügerische Weise an der Öffentlichkeit vorbeigeschleust und abgestimmt."

*SZ: "Es handelt sich um Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte von einer Reichweite, wie es sie in der Strafprozessordnung bisher nicht gibt. Das .. Gesetz ... eröffnet die Möglichkeit, Gedanken auszulesen: Computer und Handy werden, ohne dass der Betroffene davon weiß, zu einer staatlichen Spionageanlage."

Nun arbeitet laut SZ der "PC nicht nur, wie es sich gehört, für seinen Besitzer, er arbeitet auch für den, der den Trojaner geschickt hat - für den Geheimdienst, den Zoll oder die Polizei. Der Staat liest mit. Und der Staat kann auch noch am PC das Mikrofon und die Webcam einschalten. Der große Lauschangriff, über den so lange so erbittert diskutiert und gerungen wurde, ist, verglichen mit den neuen Möglichkeiten, ein lächerliches Unterfangen. Der große Computerangriff ist viel, viel größer. *Es handelt sich nicht nur um einen Eingriff, es handelt sich um einen Einbruch in die Privatheit - und um einen Einbruch ins Grundgesetz."

SZ: "Wenn das geplante Gesetz verabschiedet wird, ist das von Karlsruhe geschaffene "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" nicht mehr viel wert. Der Staatstrojaner frisst das Grundrecht auf."

Das Gesetz ist heute am 22.06.2017 trotz Kritik von Bürgerrechtlern und aus der IT-Branche und gegen das Votum der Opposition und zweier SPD-Abgeordneter verabschiedet worden.

SZ: Der Staatstrojaner ist ein Einbruch ins Grundrecht

Auch 'Zeit Online' analysieren das Gesetz Satz für Satz und erklärt, warum es wohl verfassungswidrig ist.

Zeit-Online: "Außerdem verstößt die Ausweitung der Onlinedurchsuchung auf die Gefahrenabwehr gegen das Gebot der Zweckbindung, wie es das Bundesdatenschutzgesetz fordert. ...

Ohnehin könnte die Praxis zum eigentlichen Problem des Gesetzes werden... Dann kann der Staatstrojaner, so aufwendig die technische Entwicklung oder Beschaffung sein mag, zum alltäglichen Werkzeug der Polizeiarbeit werden. Unsicher gemachte IT-Systeme werden dann zum Standard. Die rechtliche Grundlage dafür schafft der Bundestag heute."

Bundestag.de: Bundestag beschließt Änderungen im Straf- und Straf­prozess­recht

Staatstrojanergesetz Ausschussfassung (PDF, 1,28 MB)

Golem.de: Bundestag erlaubt großflächigen Einsatz von Staatstrojanern

Marco Bülow, SPD-MdB, Scheinbare Sicherheit statt Freiheit – Staatstrojaner wird heimlich eingeführt

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